· 

Tierberuf: Tiersitter

Es ist soweit! Wir haben wieder ein Interview mit einem Tierberufler geführt. Diesmal haben wir die liebe Sandra

von mobello interviewt. Sie arbeitet als mobile Tiersitterin.

 

Stell dich doch bitte kurz vor und erkläre kurz warum du ausgerechnet als

Tiersitter arbeitest.

 

Hallo, ich bin Sandra Schrick, 35 Jahre alt, wohne derzeit mit meiner Pflegehündin „Lyra“ in Bassenheim (bei Koblenz) und habe mich 2009 mit meiner mobilen Tierbetreuung selbstständig gemacht. Tiersitter ist mein absoluter Lieblingsjob. Auch wenn der Alltag als Gassi- und Vertretungsfrauchen nicht nur aus Hunde und Katzen streicheln besteht. Tiersitter heißt eben auch oft 7-Tage-Woche, bei Wind und Wetter draußen sein und bedeutet vor allem viel Verantwortung. Aber

ich liebe die Arbeit mit Tieren, mich um sie zu kümmern, sie zu versorgen und ihnen schöne Erlebnisse zu schaffen.

Ich bin total happy, wenn ich sehe, wie viel Freude die Hunde bei unseren Alltagsausflügen haben. Wie begeistert sie mit mir gemeinsam die Gegend erkunden und bei kleinen „Übungen“ mitmachen. Die baue ich zwischendurch immer mal wieder ein, damit es den Hunden auch nicht langweilig wird. Wir üben dann z.B. „Warten“ oder den Rückruf. Wir balancieren auf Baumstämmen, klettern auf Steine, suchen Leckerlis in Baumritzen, stapfen gemeinsam durch den Bach... Es gibt immer wieder etwas Neues zu erleben.

 

Auch bei Katzen geht mir das Herz auf, wenn ich sehe, wie sie nach und ach Vertrauen zu mir aufbauen, Streicheleinheiten genießen oder neugierig z.B. die Kruschelbox durchstöbern. (Ich bringe immer wieder gerne zu Katzenbetreuungen eine Kruschelbox mit. Das ist ganz simpel eine Box, die ich mit verschiedenen Materialien

(Stoffreste, Laub...) fülle. Dazwischen werden Leckerlis versteckt, die die Katzen dann suchen. Durch die unterschiedlichen Gerüche und Geräusche, der Materialien ist das immer wieder spannend für die Katzen.)

Foto: Sandra und Lyra

Das klingt nach einem sehr spannenden und abwechslungsreichen Beruf. Musst du für die Ausübung deiner Tätigkeit eine spezielle Ausbildung nachweisen und dich an spezielle rechtliche Vorgaben halten?

 

Das wird je nach Bundesland bzw. Gemeinde unterschiedlich gehandhabt. In Rheinland-Pfalz braucht man zum Dogwalking und zum mobilen Katzensitting neben einer Gewerbeanmeldung keine speziellen Voraussetzungen. Anders sieht es aus, wenn man Tiere in Pension nimmt. Dann benötigt man einen Sachkundenachweis nach § 11

und eine Abnahme vom Vet-Amt. In NRW benötigt man diesen auch als Dogwalker. Am besten erkundigt man sich beim zuständigen Vet-Amt nach den regionalen Vorgaben. Abgesehen von den gesetzlichen Vorgaben halte ich persönlich es aber für unbedingt notwendig, verschiedene theoretische und auch praktische Fortbildungen gemacht zu haben und genügend Erfahrungen im Umgang mit Hunden und Katzen zu haben. Schließlich trägt man als Tiersitter eine große Verantwortung gegenüber seinen Schützlingen und auch gegenüber Dritten. Vor allem sollte man die Körpersprache der Tiere gut lesen können und in der Lage sein deren Verhalten richtig einzuschätzen. Auch Wissen zum Thema Tiergesundheit sollte unbedingt vorhanden sein. Mittlerweile gibt es auch verschiedene „Anbieter“, die Dogwalker-Ausbildungen anbieten. Als Tiersitter trägst du wirklich eine sehr hohe Verantwortung. Wie hast du

dich abgesichert, sollte doch mal etwas passieren? Ich habe eine Betriebshaftpflichtversicherung, die ich für notwendig halte. Zusätzlich habe ich noch eine Unfallversicherung für Selbstständige und eine gewerbliche Rechtsschutzversicherung.

 

Die nächste Frage haben unsere Follower besonders häufig gestellt. Arbeitest

du Hauptberuflich als Tiersitter? Mit welchen Einkünften kann man im Schnitt

monatlich rechnen?

 

Ich habe zunächst nebenberuflich als Kleinunternehmer angefangen, seit 3 Jahre arbeite ich nun hauptberuflich als Tiersitter. Das durchschnittliche Einkommen ist schwierig zu sagen, da dies stark abhängig von der Region und beim Dogwalking auch von den Gruppengrößen ist. Nicht vergessen sollten man dabei auch, dass nicht unerhebliche Kosten durch diverse Versicherungen, Einkommensteuer, Umsatzsteuer, Krankenkasse, Arbeitsmaterial (entsprechendes Auto + Hundeboxen, Fahrtkosten, Reparaturen, Leckerlis, Leinen...), Fortbildungen, Steuerberater, IHK etc. anfallen. Und natürlich auch der Ausfall bedacht werden muss, wenn man selbst mal krank ist oder in Urlaub ist.

 

Das sind alles sehr wichtige Punkte, die du

da ansprichst. Jetzt würde uns natürlich interessieren wie ein „normaler“ Arbeitstag bei dir abläuft?

 

Mein Arbeitstag startet meistens gegen 6:00/7:00 Uhr mit einer Katzenbetreuung (diese sind

unregelmäßig und vermehrt in den Urlaubszeiten). Es gibt erst mal Frühstück für die Katzen, ich reinige die Katzentoiletten, spiele und/oder kuschel mit den Katzen. Gebe ggf. Medikamente und schaue, ob alles in Ordnung ist.

Ca. 8:00 Uhr Einzelgassirunde. Gegen 9:00 Uhr fange ich an die Hunde zur Vormittagsrunde abzuholen. Wir fahren zum Auslaufgebiet, gehen Gassi und anschließend bringe ich die Hunde bis ca. 11:00 Uhr wieder nach Hause.

Im Anschluss startet die Abholrunde zum Mittagsgassi. Diese geht bis ca. 14:00 Uhr. Um ca. 14:00 Uhr ist nochmal eine Einzelgassirunde. Gegen 15:30 Uhr ist dann meistens Pause bzw. beantworte ich dann auch schon mal die ein oder

andere Mail. SMS, Anruf, mache einen Facebook Post etc.

Zwischen 17:00 Uhr und 19:00 Uhr stehen dann ggf. nochmal Katzenbetreuungen an. m Anschluss finden dann

evtl. noch Kennenlerntermine mit Neukunden statt. Oder es ist Zeit um Dinge wie Buchhaltung, Marketing usw. zu erledigen. Die Zeiten für die Gassirunden zwischen 8:00 Uhr und 15:30 Uhr sind mehr oder weniger fix. Die Termine drum herum finden nach Bedarf und Absprache mit meinen Kunden statt. So ist jeder Tag ein bisschen anders.

 

Durch Corona wurden allerdings seit März leider alle Katzenbetreuungen abgesagt, da die Besitzer nicht in Urlaub fahren konnten. Und einige Gassi-Hunde gehen momentan nicht oder reduziert mit, weil die Besitzer im Homeoffice oder in Kurzarbeit sind.

 

Wow, deine Tage sind ja gut durchgeplant. Ist es ein hoher

Koordinationsaufwand wenn du zu mehreren Leuten am Tag fährst?

 

Definitiv! Es gilt die Routen sinnvoll zu planen und möglichst Puffer einzukalkulieren, falls man mal im Stau steht, die Hunde nach Regen oder Wälzen noch sauber gemacht werden müssen oder sonst etwas ist, mit dem man vorher nicht gerechnet hat.

 

Wie findest du geeignete Gassistrecken? Oder hast du deine

Standardstrecken?

 

Ich habe verschieden Runden, die ich gerne gehe, wenn ich möglichst wenigen Außenreizen begegnen möchte, z.B. wenn neue Hunde dabei sind oder Hunde, die noch stark auf Jogger, fremde Hunde etc. reagieren. Generell probiere ich aber immer wieder gerne neue Strecken aus. Ich schaue dann einfach, wo es schön ist und wo ich gut halten kann und dann geht’s los. Gerne „teste“ ich auch schon mal mit einzelnen Hunden die Strecke, bevor ich mit der Hundegruppe dort lang laufe. Im Sommer achte ich immer darauf, dass es auf unseren Spazierwegen genug Schattenplätze

gibt. Total gerne gehe ich, wenn es warm ist, Strecken mit Wasserstellen, so dass die Hunde sich ein wenig abkühlen und planschen können.

 

Als Tiersitter hast du mit vielen verschiedenen Tieren Kontakt. Gibt es

bestimmte Vorgaben die erfüllt werden müssen, damit du ein Tier betreust bzw.

Ausschlussgründe warum du ein Tier nicht betreust?

 

Die Tiere sollten grundimmunisiert und frei von Parasiten und ansteckenden Krankheiten sein. Bei Hunden sollte eine Hundehaltehaftpflichtversicherung vorhanden sein. Um in der Hundegruppe mitzulaufen sollten die Hunde sozialverträglich sein. Läufige Hündinnen kann ich leider nicht in der Gruppe mitnehmen. Alles Weitere stimme ich auf den Hund bzw. die Hundegruppe ab. Ansonsten sind eigentlich alle Tiere herzlich willkommen. Ablehnen müsste ich ein Tier, wenn ich die Betreuung nicht in die Route bzw. den Tagesablauf einplanen kann. Alles Weitere kann ganz individuell besprochen werden. Bei verhaltensauffälligen oder sehr reaktiven Hunden kann bspw. besprochen werden, wie gut das händelbar ist oder ob z.B. ein gut antrainierter Maulkorb zur Absicherung reicht. Sollte ich trotzdem bei einem Hund unsicher sein, mit ihm unterwegs zu sein, würde ich ihn leider ablehnen, um Dritte und natürlich auch

ihn nicht zu gefährden.

 

Das kann ich absolut verstehen, die Sicherheit geht einfach vor. Wie

testest du, ob ein Hund in die Gruppe passt?

 

Zunächst findet eine „Beschnupperungstermin“ mit dem Hund und seinen Besitzern statt. Gerne auch zu einer gemeinsamen Gassirunde. Da kann ich schon schauen, wie der Hund sich draußen verhält und bekomme natürlich auch viele Informationen von den Besitzern zu ihrem Hund. Es kommt dann auf den Hund drauf an, ob ich erst nochmal eine Gassirunde mit ihm allein gehe, um Vertrauen aufzubauen oder ob evtl. schon ein anderer Hund dabei ist. Oft nehme ich den Hund dann auch schon einmal im Auto mit. Das riecht ja schon nach den anderen Hunden, so

dass er dort auch schon mal in Ruhe schnüffeln kann. Die Eingewöhnung in die Gruppe ist dann je nach Hund nur mit wenigen oder manchmal sogar nur mit einem ruhigen, sehr umgänglichen Hund. Dann gilt es natürlich die Vergesellschaftung entspannt und positiv zu gestalten. Wichtig ist es auf vermeintliche „Kleinigkeiten“ zu achten. Es spielt zum Beispiel eine große Rolle, wer wann aus dem Auto aussteigt. Auch schaue ich, dass ich dann zunächst

entspannt aber zügig los gehe und nicht zu lange auf einer Stelle stehen bleibe. So haben die Hunde auch erst mal zu tun, können schnüffeln, sind in Bewegung und sind nicht „gezwungen“ in direkte Kontaktaufnahme zu gehen. Wobei

natürlich auch beim Schnüffeln und nebeneinander her laufen schon ganz viel an Kommunikation passiert. In der

Hundegruppe ist es mir generell wichtig, dass ich die Hunde nicht einfach machen lasse. So nach dem Motto „die regeln das schon“. Ich beobachte genau, und greife ein, bevor sich ein Hund unwohl fühlt oder überfordert ist. Somit

wissen die Hunde auch, dass sie sich auf mich verlassen können. Je nach Situation sorge ich dann für mehr Distanz oder eine anderweitige Beschäftigung. Das bringt Ruhe rein.

 

Sehr spannend! Betreust du eigentlich nur Hunde und Katzen oder auch andere

Tiere?

 

Ich habe anfangs auch Pferde, Kaninchen und Meerschweinchen betreut. Mittlerweile aber nur noch Hunde und Katzen – und tatsächlich betreue ich in regelmäßigen Abständen Nymphen- und Ziegensittiche, das ist aber eher die Ausnahme.

 

Du verbringst viel Zeit mit deinen Kundentieren, musstest du schon mal mit

einem zum Tierarzt/Tierklinik, weil es akut krank/verletzt war?

 

Ja, auch das kommt leider vor. Ich habe in den Unterlagen zum Tier immer den jeweiligen Haustierarzt vermerkt. Wenn es nicht ganz dringend ist, versuche ich zu dem jeweiligen Tierarzt zu fahren, weil dieser das Tier kennt. In dringenden

Notfällen fahre ich aber zum schnellstmöglich erreichbaren Tierarzt. So wie man es eben mit seinem eigenen Tier auch machen würde. Im Übrigen bin ich da sehr dankbar über das Verständnis meiner Kunden. Wenn wirklich mal ein Notfall anstand, hat dieser natürlich oberste Priorität und ich musste kurzfristig die folgenden Termine verschieben. Zum Glück kam das bisher aber nur selten vor. Das muss ich aber auch nicht öfter haben. Notfallmäßig mit den

anvertrauten Tieren zum Arzt zu müssen ist wirklich alles andere als schön!

 

Das glaube ich dir. Nun sind wir schon bei

unserer letzten Frage angekommen. Wie machst du es eigentlich, wenn du

selbst in den Urlaub fährst? Hast du eine Vertretung?

 

Ich habe keine Vertretung. Ich plane meinen Urlaub möglichst lange im Voraus. Meistens im Oktober/November für das darauf folgende Jahr. So haben meine Kunden genug Zeit für die Zeiträume anders zu planen. Ich habe hier aber auch tolle „Kolleginnen“, die ich, wenn es vom Einzugsgebiet her passt, dann gerne empfehle.

 

Danke für das tolle Interview liebe

Sandra! Du hast einen sehr spannenden Beruf. Wir wünschen dir für deine

berufliche Zukunft alles Gute und viele liebe Kundentiere.

 

Euch hat das Interview gefallen? Dann hinterlasst uns doch gerne einen Kommentar!

Kommentar schreiben

Kommentare: 0